„Theologie ist nicht Gottesgeschwätz“

Bericht vom Symposion zur Gottesfrage vom 11. - 13. April 2008

Vallendar. Es sei „höchste Zeit“, von Gott zu reden, sagt der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper. An der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV) der Pallottiner sprach der Präsident des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen am Wochenende von einer in Westeuropa zu beobachtenden Wiederkehr des Atheismus und atheistischer Propaganda. Man denke etwa an die auf dem aktuellen Buchmarkt erfolgreichen Abhandlungen „Der Gotteswahn“ von Richard Dawkins und „Gott ist nicht groß“ von Christopher Hitchens. Auch von einer Wiederkehr der Religion sprach Kasper. Die aber führe keineswegs einfach zum christlichen Gottesglauben zurück.

In dieser Situation habe die Theologie eine Chance, sei sie aber auch ganz neu herausgefordert, äußerte der Kardinal. Er betonte, Theologie sei nicht „Gottesgeschwätz“, sondern rational Rechenschaft gebende Rede von Gott. Und Kasper hob hervor, es genüge nicht, nur von vagen Erfahrungen des Göttlichen zu reden. Vielmehr gelte es von dem Gott zu reden, den die Bibel bezeuge, also von Gott, wie er auf dem Angesicht Jesu Christi als menschenfreundlicher Gott offenbar geworden sei. Das tut Kasper selbst nicht zuletzt in seinem 1982 vorgelegten Buch „Der Gott Jesu Christi“, das im Ruf eines Standardwerks steht. Soeben erschien im Verlag Herder als Band 4 der Reihe der Gesammelten Schriften von Kasper eine Neuausgabe.

Kasper äußerte sich in Vallendar bei einem Festakt aus Anlass seines 75. Geburtstags. Den hatte der Kardinal am 5. März begehen können. Er ist Ehrendokotor der PTHV, zu der auch das „Kardinal Walter Kasper Institut“ für Theologie, Ökumene und Spiritualität gehört. Doch nicht nur mit dem Festakt gratulierte die Hochschule dem Kardinal. Auch ein Theologisches Symposium zur Gottesfrage gab es. Und es wurde Kasper eine Festschrift mit dem Titel „Gott denken und bezeugen“ überreicht, zu der Papst Benedikt XVI. ein sehr persönlich gehaltenes Geleitwort schrieb.

Professor Pater George Augustin SAC, ein Schüler des Kardinals und Leiter des Instituts, stellte die Festschrift zum 75. Geburtstag vor. „Gott denken und bezeugen“ ist das 648 Seiten starke Werk überschrieben. Augustin erläuterte, Ziel des Buches sei es „über das Eigentliche zu sprechen“ und „mit Freude über Gott zu reden“. Zusätzlich zur Festschrift überreichte er Kardinal Kasper das Originalbild des auf der Festschrift abgebildeten Motivs „Der brennende Dornbusch“ des Heilbronner Künstlers Arthur J. Elser.

„Bleibendes Geheimnis“

Die Festschrift versammelt Beiträge von 32 Autorinnen und Autoren, gliedert sich in die Kapitel „Gott, nach dem wir fragen“, „Gott, den wir glauben“, „Gott, den wir erfahren“ und „Gott, den wir bezeugen“. Einige der Autoren referierten bei dem Vallendarer Symposium, stellten ihre in der Festschrift enthaltenen Beiträge vor. So der Mainzer Kardinal Karl Lehmann („Gott – das bleibende Geheimnis“). Lehmann: „Geheimnis hat nichts mit Denkfaulheit zu tun. Gott ist nicht in dem Sinn unaussprechlich, dass er nicht verstehbar wäre, dass er uns nicht eine Überfülle von Licht, von Orientierung schenken würde. Er ist unaussprechlich, weil er stets über allem steht, was über ihn ausgesagt werden kann. Er ist wirklich der immer größere Gott.“

Autoren der Festschrift sind und Referenten in Vallendar waren auch der Baseler Bischof Kurt Koch („Die Gottesfrage in Gesellschaft und Kirche“) und der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller („Der vergessene Gott? Gotteserfahrung in unserer Zeit“). Für Koch steht fest: Die heutige Situation zwinge dazu, „die elementarste Lektion unseres Glaubens neu zu buchstabieren, dass das Christentum in seinem Kern Glaube an Gott und das Leben einer persönlichen Gottesbeziehung ist und dass alles Andere daraus folgt“. Und Müller erinnerte daran, dass sich säkulare Erlösungsmodelle, die mit dem Argument, der Mensch müsse aus der Bevormundung Gottes, den es ohnehin nicht gebe, befreit werden, durch die von ihnen entfachten.

In ihrem Vorwort zu der Festschrift schreiben die Herausgeber Augustin und Krämer, der Band wolle eine Einladung sein, die Frage nach dem Gott Jesu Christi im theologischen Denken lebendig zu halten und das Zeugnis vom dreieinigen Gott immer wieder neu in den Mittelpunkt der kirchlichen Verkündigung zu stellen. Augustin lehrt an der PTHV und leitet das dortige „Kardinal Walter Kasper Institut“, Krämer ist Rottenburger Domkapitular.

Hinweis:

George Augustin/Klaus Krämer (Hg.): Gott denken und bezeugen. Festschrift für Kardinal Walter Kasper zum 75. Geburtstag. Mit einem Geleitwort von Papst Benedikt XVI., Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2008, 648 Seiten, 28 Euro. // Walter Kasper: Der Gott Jesu Christi, Walter Kasper Gesammelte Schriften (WKGS) Band 4, Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2008, 504 Seiten, 28 Euro.